Okay, es ist soweit. Du hast eine Einladung zum Vorstellungsgespräch. Herzlichen Glückwunsch! Und gleichzeitig: Panik, oder?
Ich versteh dich. Das erste Jobinterview ist wie der erste Schultag – du weisst nicht genau, was dich erwartet, willst einen guten Eindruck machen und hast tausend Fragen im Kopf.
Die gute Nachricht: Vorbereitung hilft. Und zwar massiv.
Hier ist deine Anleitung – ehrlich, praxisnah und ohne dieses "sei einfach du selbst"-Blabla (auch wenn da was Wahres dran ist).

Bild: Lummi.ai
Schritt 1: Informiere dich über das Unternehmen (richtig!)
"Hab ich schon gemacht, ich war auf der Website" – reicht nicht.
Klar, du sollst die Website kennen. Aber geh tiefer. Was macht die Firma wirklich? Wer sind die Kunden? Was ist ihre Mission? Wo haben sie ihren Sitz in Winterthur – Sulzer-Areal, Grüze, Technopark?
Was du machen kannst:
- Google das Unternehmen: Gibt's News-Artikel? Pressemitteilungen? LinkedIn-Posts?
- Schau dir die "Über uns"-Seite an: Wofür steht die Firma? Was sind ihre Werte?
- Check LinkedIn: Wer arbeitet dort? Wie präsentieren sie sich?
- Falls es ein lokales KMU ist: Frag rum. Winterthur ist überschaubar, irgendwer kennt immer jemanden.
Warum das wichtig ist: Wenn du im Gespräch sagst "Ich hab gelesen, dass ihr letztes Jahr expandiert habt" oder "Eure Nachhaltigkeitsstrategie finde ich spannend", zeigt das: Du hast dich nicht nur oberflächlich informiert. Du hast mitgedacht.
Schritt 2: Verstehe die Stellenbeschreibung
Lies die Stellenausschreibung nochmal. Nicht nur überfliegen – wirklich lesen.
Was wird erwartet?
- Welche Aufgaben sind genannt?
- Welche Skills werden gefordert?
- Was ist "muss haben", was ist "nice to have"?
Mach eine Liste: Schreib dir auf, wo du die Anforderungen erfüllst – und wo nicht. Wenn du SAP nicht kannst, aber sie das erwarten, überleg dir eine ehrliche Antwort: "SAP kenne ich noch nicht, aber ich habe schon mit anderen ERP-Systemen gearbeitet und bin sicher, dass ich das schnell lerne."
Ehrlichkeit schlägt Bluff. Immer.
Schritt 3: Bereite Antworten auf Standard-Fragen vor
Ja, es gibt Fragen, die kommen fast immer. Und nein, du musst keine auswendig gelernten Antworten runterleiern. Aber du solltest dir überlegen, was du sagen willst.
Die Klassiker:
"Erzählen Sie etwas über sich."
Das ist keine Aufforderung, deinen Lebenslauf chronologisch aufzuzählen. Das haben sie schon gelesen.
Was sie wirklich wissen wollen: Wer bist du? Was treibt dich an? Warum sitzt du hier?
Gute Struktur:
- Wo du herkommst (kurz: Ausbildung, bisherige Jobs)
- Was du gut kannst und gerne machst
- Warum du dich hier bewirbst
Beispiel: "Ich habe eine Lehre als Kauffrau gemacht und dann zwei Jahre in der Administration gearbeitet. Dabei hab ich gemerkt, dass ich besonders gut darin bin, Dinge zu organisieren und den Überblick zu behalten. Deshalb suche ich jetzt eine Stelle, wo ich genau das einbringen kann – und eure Ausschreibung klang genau danach."
"Warum wollen Sie hier arbeiten?"
Bitte sag nicht "weil ich einen Job brauche". Auch wenn's stimmt.
Was sie hören wollen: Dass du dich bewusst für sie entschieden hast. Dass du nicht einfach nur irgendwo arbeiten willst.
Beispiel: "Ich suche ein Unternehmen, das Wert auf Teamarbeit legt und wo ich mich weiterentwickeln kann. In euren Bewertungen auf Kununu hab ich gelesen, dass ihr genau das bietet. Ausserdem finde ich eure Produkte spannend – ich hab schon öfter darüber nachgedacht, wie man XY verbessern könnte."
"Was sind Ihre Stärken?"
Hier darfst du dich verkaufen. Aber bleib konkret.
Schlecht: "Ich bin teamfähig, flexibel und motiviert."
Besser: "Ich bin gut darin, auch in stressigen Situationen den Überblick zu behalten. Zum Beispiel mussten wir in meinem letzten Job innerhalb von zwei Tagen ein Event auf die Beine stellen – ich hab die Koordination übernommen und es hat geklappt."
Merkst du den Unterschied? Konkrete Beispiele schlagen Adjektive.
"Was sind Ihre Schwächen?"
Die nervigste Frage überhaupt. Aber sie kommt.
Bitte nicht: "Ich bin Perfektionist" oder "Ich arbeite zu viel" – das glaubt niemand.
Besser: Nenne eine echte Schwäche, aber zeig, dass du daran arbeitest.
Beispiel: "Ich bin nicht der beste Smalltalker. In grösseren Gruppen fällt es mir manchmal schwer, von mir aus auf Leute zuzugehen. Deshalb gehe ich bewusst zu Networking-Events, um daran zu arbeiten."
Ehrlichkeit + Lernbereitschaft = Pluspunkt.
"Warum sollten wir Sie einstellen?"
Das ist deine Chance. Hier verkaufst du dich.
Was sie hören wollen: Dass du die richtige Person für den Job bist. Dass du ins Team passt. Dass du motiviert bist.
Beispiel: "Weil ich genau die Skills mitbringe, die ihr sucht – ich kann mit Excel umgehen, habe Erfahrung in der Kundenkommunikation und ich bin jemand, der gerne anpackt. Ausserdem passe ich gut zu eurer Arbeitskultur – ich schätze flache Hierarchien und direkte Kommunikation."
Schritt 4: Bereite eigene Fragen vor
Ein Jobinterview ist keine Einbahnstrasse. Du darfst – nein, du sollst – Fragen stellen.
Warum? Weil es zeigt: Du denkst mit. Du willst wirklich wissen, ob das hier passt. Du bist nicht verzweifelt, sondern wählst bewusst.
Gute Fragen:
- "Wie sieht ein typischer Arbeitstag in dieser Position aus?"
- "Was sind die grössten Herausforderungen für jemanden in dieser Rolle?"
- "Wie würden Sie die Teamkultur hier beschreiben?"
- "Gibt es Weiterbildungsmöglichkeiten?"
- "Was schätzen Sie am meisten an den Leuten, die hier erfolgreich sind?"
Schlechte Fragen:
- "Wie viele Ferientage gibt es?" (kommt später)
- "Wann krieg ich eine Gehaltserhöhung?" (nicht beim ersten Gespräch)
- "Was macht Ihre Firma genau?" (hättest du vorher googeln können)
Schritt 5: Übe das Gespräch (ja, wirklich)
Klingt komisch, hilft aber enorm.
Schnapp dir eine Freundin, deinen Partner, deine Mutter – egal wen. Lass dich von dieser Person die typischen Fragen stellen und antworte laut.
Warum das wichtig ist: Wenn du etwas zum ersten Mal laut sagst, klingt es oft holpriger als im Kopf. Wenn du es drei Mal laut gesagt hast, kommt es im echten Gespräch flüssiger raus.
Du musst nicht jedes Wort auswendig lernen. Aber du solltest ungefähr wissen, was du sagen willst.
Schritt 6: Organisiere die Logistik
Klingt banal, ist aber wichtig.
Checkliste:
- ✅ Wo ist das Gespräch? Adresse in Winterthur notiert?
- ✅ Wie kommst du hin? Mit dem Bus, Velo, zu Fuss?
- ✅ Wie lange brauchst du? (Plane 10-15 Minuten Puffer ein!)
- ✅ Mit wem sprichst du? Name(n) notieren!
- ✅ Hast du eine Telefonnummer, falls was schiefgeht?
Tipp: Wenn du das Unternehmen noch nicht kennst, fahr ein paar Tage vorher mal vorbei. Dann weisst du genau, wo's ist und wie lange du brauchst. So vermeidest du Stress am Tag selbst.
Schritt 7: Wähle das richtige Outfit
Die goldene Regel: Lieber etwas overdressed als underdressed.
Aber was heisst das konkret?
Für Bürojobs (Bank, Versicherung, Verwaltung): Business-Look. Hemd/Bluse, Stoffhose/Rock, geschlossene Schuhe. Anzug/Kostüm ist meist nicht nötig, ausser es ist ein sehr formelles Unternehmen.
Für kreative Jobs (Design, Marketing, Startup): Business Casual reicht. Saubere Jeans (dunkel), schönes Oberteil, gepflegte Schuhe. Zeig ruhig etwas Persönlichkeit.
Für handwerkliche Jobs: Sauber und gepflegt. Du musst keinen Anzug tragen, aber zeig, dass du dir Mühe gegeben hast.
Im Zweifelsfall: Frag nach! "Gibt es einen Dresscode für das Gespräch?" ist eine völlig legitime Frage.
Was immer geht:
- Saubere, gebügelte Kleidung
- Gepflegte Schuhe (keine dreckigen Sneakers)
- Dezentes Make-up/gepflegtes Aussehen
- Kein starkes Parfüm
Schritt 8: Pack deine Unterlagen
Was du mitnehmen solltest:
- ✅ Kopien deiner Bewerbungsunterlagen (Lebenslauf, Zeugnisse)
- ✅ Notizblock und Stift (für Notizen oder Fragen)
- ✅ Die Stellenausschreibung (ausgedruckt oder auf dem Handy)
- ✅ Liste mit deinen vorbereiteten Fragen
Du wirst vielleicht nicht alles brauchen. Aber es zeigt, dass du vorbereitet bist.
Schritt 9: Am Tag selbst – so läuft's ab
Timing: Sei 5-10 Minuten früh da. Nicht 30 Minuten (das wirkt verzweifelt), nicht 2 Minuten (das wirkt gestresst). 5-10 Minuten ist perfekt.
Wenn du zu früh da bist: Geh nochmal eine Runde um den Block. Oder setz dich in ein Café in der Nähe. Aber tauch nicht 20 Minuten zu früh auf.
Erster Eindruck: Lächeln. Augenkontakt. Fester Händedruck (nicht zu fest, nicht zu lasch). "Guten Tag, ich bin [Name], schön Sie kennenzulernen."
Während des Gesprächs:
- Halte Augenkontakt (aber starre nicht)
- Hör zu, lass die andere Person ausreden
- Nimm dir Zeit zum Nachdenken, bevor du antwortest
- Sei ehrlich
- Zeig Interesse
Körpersprache:
- Sitz aufrecht (aber nicht steif)
- Verschränke die Arme nicht
- Nicke, wenn du zustimmst
- Lächle
Am Ende: Bedanke dich für das Gespräch. "Vielen Dank für Ihre Zeit. Ich freue mich, von Ihnen zu hören."
Schritt 10: Nach dem Gespräch
Atme durch. Es ist vorbei. Du hast es gemacht.
Schreib eine kurze Dankes-Mail: Nicht nötig, aber ein netter Touch. Kurz und knackig:
"Guten Tag Frau/Herr [Name],
vielen Dank für das angenehme Gespräch heute. Es hat mich in meinem Interesse an der Position bestätigt. Falls Sie weitere Informationen benötigen, stehe ich gerne zur Verfügung.
Freundliche Grüsse [Dein Name]"
Reflektiere: Was lief gut? Was würdest du beim nächsten Mal anders machen? Lern daraus.
Was tun, wenn du nervös bist?
Seien wir ehrlich: Du wirst nervös sein. Ist normal. Auch die Person, die dich interviewt, war mal nervös beim ersten Gespräch.
Was hilft:
- Atme: Tiefe Bauchatmung beruhigt das Nervensystem. Probier's aus.
- Bereite dich vor: Je besser du vorbereitet bist, desto sicherer fühlst du dich.
- Akzeptiere die Nervosität: Du musst nicht perfekt sein. Du darfst nervös sein.
- Erinnere dich: Das Unternehmen hat dich eingeladen, weil sie dich interessant finden. Du hast schon mal einen guten Eindruck gemacht.
Ein Trick: Stell dir vor, du erzählst einer Freundin von dem Job. Wie würdest du erklären, warum du ihn willst? Was du mitbringst? Diese lockere Version ist oft die beste.
Was, wenn's nicht klappt?
Vielleicht kriegst du den Job nicht. Und das ist okay.
Ein "Nein" heisst nicht, dass du schlecht warst. Es heisst nur: Es war nicht der richtige Match. Vielleicht war jemand anderes noch besser geeignet. Vielleicht hat die Chemie nicht gestimmt. Das passiert.
Was du daraus mitnimmst: Erfahrung. Jedes Gespräch macht dich besser für das nächste. Du lernst, was gut ankam und was nicht. Du wirst sicherer. Und irgendwann sitzt du da und denkst: "Hey, das läuft ja."
Dein Mutmacher zum Schluss
Das erste Jobinterview ist einschüchternd. Aber weisst du was? Die Person gegenüber will, dass du gut bist. Niemand führt gerne schlechte Gespräche. Sie hoffen, dass du die richtige Person bist.
Also geh rein mit der Einstellung: Ich zeige, wer ich bin. Ich bin ehrlich. Ich gebe mein Bestes. Und dann schauen wir, ob's passt.
Du schaffst das.
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